Sie haben Krebs
Die Diagnose Krebs verändert das Leben von einem Augenblick auf den anderen. Nichts ist nicht mehr, wie es eben noch war. Was wichtig schien, tritt in den Hintergrund. Jetzt geht es nur noch darum, die Gesundheit so weit wie möglich wieder herzustellen oder zumindest ein rasches Fortschreiten der Krankheit zu vermeiden. Eine gute medizinische Versorgung ist Voraussetzung für die körperliche Heilung. Die psychische Stabilität aber ist für den Gesundungsprozess genauso wichtig. Dafür können Sie selbst ein gutes Stück beitragen.
Wieder Boden gewinnen
Wer mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird,ist nicht in der Lage, wirklich zuzuhören. Tausend Gedanken schießen durch den Kopf, ein Wechselbad der Gefühle blockiert jegliche Klarheit.In dieser Situation ist eine Begleitperson eine große Hilfe. Sie kann im Arzt- gespräch die Einzelheiten zu Krankheit und Therapieverlauf aufnehmen und später Ihnen als Patienten noch einmal in Ruhe erläutern.
Oft ist vor einer notwendigen Operation noch Zeit, eine zweite Meinung einzuholen. Sie gibt die Sicherheit, die richtigen Schritte einzuleiten. Sind Sie beunruhigt oder fühlen sich nicht genügend aufgeklärt, sollten Sie auf jeden Fall dafür sorgen, dass Ihr ärztlicher Gesprächs- partner alle offenen Fragen beantwortet. Eine Begleitperson kann helfen, hier Ihre Interessen zu vertreten.
Nicht jeder Arzt ist in der Lage, neben den Fakten auch die schwierige psychische Lage seines Patienten zu erkennen oder darauf einzugehen. Erlauben Sie sich in diesem Fall, einen weiteren Arzt hinzuziehen, der auf Ihre Bedürfnisse und Ihre Befindlichkeit eingeht.
Gesprächspartner suchen
Neben den Arztgesprächen helfen in diesen schweren Zeitenvertrauensvolle Freunde, die Sie tragen und die für Sie da sind. Wer offen über seine Erkrankung spricht, erfährt den so dringend nötigen Zuspruch. Mit Telefonaten, Besuchen oder einem schriftlichen Gruß zeigen Ihnen andere, dass Sie Ihnen wichtig sind und dass sie an Sie denken. Wer seine Erkrankung geheim hält und mit sich abzumachen versucht, versagt sich diesen so wichtigen sozialen Rückhalt.
Vielleicht möchten Sie zur Bewältigung dieser gesundheitlichen Krise lieber professionelle Hilfe annehmen. Ihr betreuender Arzt kennt sicher einen guten Psychoonkologen. Scheuen Sie sich nicht, nach einer Adresse zu fragen.
Viele Menschen sind unsicher, wie sie einem Kranken begegnen sollen. Machen Sie es ihnen leichter. Zeigen Sie, welche Themen Sie interessieren, fragen Sie nach den Erlebnissen Ihrer Besucher. Nehmen Sie über Ihre Freunde Anteil an der Welt draußen, erlauben Sie, dass Humor und Fröhlichkeit in Ihr Krankenzimmer ziehen. Sie sind wesentliche Zutaten für die psychische Stabilität. Wer allerdings seine Erkrankung zum Hauptthema der Begegnungen macht, riskiert, dass Freunde sich zurückziehen und irgendwann gar nicht mehr kommen.
Sagen, was man braucht
Wer krank ist, braucht für Vieles Hilfe. Scheuen Sie sich nicht, Wünsche zu äußern und Ihren Freunden die Gelegenheit zu geben, Sie zu unterstützen. Bitten Sie um notwendige Besorgungen oder lassen Sie sich im Auto kutschieren. Vielleicht gibt es auch jemanden in Ihrem Bekanntenkreis, der die Pflege der Pflanzen oder des Haustiers eine Zeit lang übernimmt. Oder der in der Lage ist, Ihnen eine CD mit Ihren Lieblingstiteln zusammenzustellen.
Auf der anderen Seite dürfen Sie auch Grenzen ziehen, wenn Ihnen Anrufe und Besuche zu viel werden oder wenn Ihre Besucher laufend Krankengeschichten zum Besten geben. Sie brauchen Zeiten des Alleinseins, in denen Sie sich mit Ihrer Erkrankung auseinandersetzen und in denen Sie die Trauer zulassen. Sie wissen am besten, was Ihnen gut tut, lassen Sie dies Ihr Umfeld mit klaren Worten wissen.
Vorsorge treffen
Auch wenn Sie sich einen guten Verlauf von Operation und Therapie erhoffen, sollten Sie für den Fall gerüstet sein, dass Sie nicht mehr für sich selbst entscheiden können. Halten Sie zu Ihrer eigenen Beruhigung und zur Sicherheit Ihrer nahen Angehörigen schriftlich fest, was in einer solchen Situation zu tun ist. Was viele nicht wissen: Auch unter Ehepartnern sind entsprechende Vereinbarungen nötig. Denn sonst wird ein öffentlich bestellter Betreuer diese Aufgabe übernehmen. Und er wird u.U. Umständen Entscheidungen treffen, die nicht den mündlich geäußerten Wünschen des Patienten entsprechen. Mit einer finanziellen Vollmacht ermöglichen Sie einer Vertrauensperson, z.B. Rechnungen in Ihrem Namen zu begleichen oder Abbuchungen zu stoppen. Die Betreuungsvollmacht regelt, wer für Sie sorgen soll und wer entsprechende Entscheidungen treffen darf. In einer Patientenverfügung bestimmen Sie, solange Sie das noch können, welche medizinische Versorgung Sie sich wünschen und was Ihnen in den letzten Tagen wichtig ist.
Sollten Sie diese Vollmachten brauchen, ist es gut, wenn sie vorliegen, und noch besser, wenn es unnötig war, sie abzufassen. Vorlagen zu diesen Vollmachten gibt es im Buchhandel. Und beachten Sie, dass Banken in der Regel eigene Formulare bereithalten.
Nicht verheiratete Partner erhalten keine Informationen zum Gesundheitszustand eines Patienten. Auch bei einem Besuch auf der Intensivstation könnte es Schwierigkeiten geben. Schreiben Sie deshalb eine entsprechende Erklärung und nehmen Sie Kopien davon zur Aufnahme ins Krankenhaus mit. Das Original behalten Sie für alle Fälle.
Gut für sich selbst sorgen
Es braucht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient, um die bestmöglichen Gesundungserfolge zu erzielen. Doch das bedeutet nicht, jegliche Fürsorge und Verantwortung an das Personal des Medizinbetriebs abzugeben.
Unternehmen Sie alles, was Ihre Selbstheilungskräfte aktiviert. Sorgen Sie für eine gesunde Ernährung, machen Sie regelmäßig Spaziergänge und treiben Sie moderaten Sport. Lernen Sie Entspannungstechniken und eliminieren Sie Belastendes aus Ihrem Leben, indem Sie Konflikte klären oder Ihren Konfliktpartnern verzeihen. Verlassen Sie sich aber nicht auf unseriöse Methoden, sondern ziehen Sie fundierte Literatur zu Rate. Auf diese Weise stärken Sie nicht nur Ihre Immunkräfte, Sie wirken auch dem Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins entgegen.
Dem Leben zu wenden
Auch wenn Ihre Erkrankung Sie einschränkt: Behalten Sie möglichst viel von dem bei, was vor der Diagnose Ihr Leben im Positiven bestimmt hat. Gestalten Sie die Tage, planen Sie viele freudvolle Momente und erleben Sie das, was Ihnen möglich ist, jeden Tag bewusst. Eine achtsame Haltung hilft Ihnen dabei.
Natürlich werden Sie auch in die Zukunft blicken, am besten, indem Sie Pläne schmieden für die Zeit danach. Was wollen Sie dann erleben, was wird Ihnen wichtig sein? Vermeiden Sie das Grübeln. Regeln Sie, was Ihnen Sorgen macht und was Sie aus eigener Initiative regeln können. Auch wenn es ähnliche Fälle gibt, ist der Verlauf Ihrer Erkrankung nicht zwangsläufig vorhersagbar. Deshalb hoffen Sie auf das Gute und seien Sie auf das Schlimmste gefasst.
Nachwort: Ich wünsche mir, dass Sie diesen Text nicht für sich persönlich brauchen. Wenn aber doch, dann möge er Ihnen helfen, schwere Zeiten gut zu überstehen.
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