Worte können ein Geschenk sein
Worte können ein Geschenk sein. Wir leben in einer Zeit, in der das Handy dominiert. Viele sitzen in der Bahn und starren auf ihre Bildschirme, andere laufen durch die Straßen und telefonieren. Zumindest sieht es so aus. Der direkte menschliche Kontakt wird immer seltener aufgebaut. Denn was interessieren uns solche, die wir nicht kennen? Es geht auch anders. Und es ist spannend. Ich habs ausprobiert.
Neulich im Supermarkt steht eine alte Dame mit vollem Einkaufswagen vor mir in der Kassenschlange. Sie schaut mich an und fragt: „Sie haben so wenig, wollen Sie denn nicht vor?“ Ich schüttele den Kopf. „Ist schon gut, ich kann warten.
Während die Kassiererin die Waren scannt, unterhalten wir uns ein wenig. Nachdem sie bezahlt hat, dreht sie sich noch einmal um: „Es war so schön, endlich wieder mal mit jemanden zu reden. Das ist wie ein Geschenk.“
Wenn es so leicht ist und so wenig Zeit kostet, Menschen glücklich zu machen, dann könnte ich es doch öfter mal versuchen, dachte ich. Und es klappt.
Bei einem anderen Einkauf steht ein junger Mann vor mir an der Kasse, er legt drei Röhrchen Gebissreiniger auf das Band. Ich staune: „Oh, ganz schön viele auf einmal.“ „Die sind so praktisch“, antwortet er grinsend, „ wir kriegen damit unsere Blumenvasen wieder blitzblank.“ Wieder etwas gelernt.
Eine junge Mutter mit ihren drei Kindern kommt mir entgegen. „Ihr Anblick erinnert mich an die Zeit, als meine Kinder in diesem Alter waren.“ Sie bleibt stehen und erzählt mir kurz von ihrem turbulenten Alltag und dem etwas schwierigen Schuleinstieg ihres Ältesten. Und strahlt dann doch über das ganze Gesicht, als wir uns verabschieden.
Ich sehe einen Rollstuhlfahrer mit ziemlichem Tempo die Straße hinunterfahren. „Oh, ganz schön schnell.“, sage ich laut. Er bremst ab, wendet und erklärt mir, dass es Behinderte mit solchen Rollstühlen nur wenige in der Stadt gibt. Deshalb veranstalten sie auch regelmäßige Treffen. 50 Stundenkilometer wären möglich, doch das traut er sich nicht, denn in der Kurve besteht die Gefahr umzukippen. Ich erfahre noch den Grund, warum er nicht mehr gehen kann und wie er dennoch sein Leben bunt und vielfältig gestaltet. Beeindruckende Minuten.
Ich könnte noch mehr solcher Geschichten erzählen. Die Meisten reagieren erfreut, wenn ich sie anspreche. Und natürlich gibt es auch Menschen, die stumm bleiben oder gar grimmig schauen. Das mag damit zusammenhängen, dass sie an diesem Tag schon etwas Unangenehmes oder Trauriges erlebt haben und einfach zurückgezogen leben. Dann reicht auch ein Lächeln, das ihnen zeigt, ich nehme dich wahr. Auch das kann schon ein Geschenk sein.